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Schön bunt, schön gefährlich
Pflanzen gehen auf Eroberungszug
Starke «Fremdlinge»
Einmal etabliert, sind Neophyten kaum mehr loszuwerden
Nach der Kanadischen Goldrute und dem
Jakobskreuzkraut droht mit der Aufrechten Ambrosie bereits die nächste
Pflanzen-Invasion. Nun fordert die kantonale Fachstelle eine gesamtheitliche
Strategie, mit der die Ausbreitung fremder Pflanzen gestoppt werden kann.
Michael Ehrler
Die Lage ist ernst - aber man merkt
davon gar nichts. Zu Tausenden wachsen im ganzen Kanton eingeschleppte Pflanzen
heran - so genannte Neophyten - und machen sich mit der Entwicklung von Blüten
bereit zur ungehemmten Ausbreitung. Die Namen der Pflanzen wechseln von Jahr zu
Jahr, das Problem bleibt dasselbe: Vor zwei Jahren galt alle Aufmerksamkeit dem
giftigen Jakobskreuzkraut, das eine potenzielle Gefahr für Pferd und Vieh
darstellt. Letztes Jahr lag der Fokus auf der Kanadischen Goldrute, die sich in
Naturschutzgebieten breitmacht und einheimische Pflanzen verdrängt. Auch das
diesjährige Schreckgespenst ist bereits bestimmt und heisst Aufrechte Ambrosie.
Das maximal ein Meter hohe Kraut hat sich bislang vor allem im Tessin und in der
Westschweiz etabliert, konnte aber bereits in der Region Rothrist, im Seetal und
rund um Küttigen nachgewiesen werden. Die Pflanze breitet sich nicht nur rasend
schnell aus, sie hat vor allem gravierende gesundheitliche Folgen: Bei jedem
zehnten Schweizer kann sie eine allergische Reaktion auslösen. In schweren
Fällen verursacht sie zudem Atemnot oder Asthmaanfälle.
Bis zu 19'000 Samen pro
Stängel
Noch sind die Gefahren zu
wenig bekannt, als dass Massnahmen ergriffen würden. Wenn die Risiken aber
einmal ins Bewusstsein der Bevölkerung vorgedrungen sind, wird es möglicherweise
bereits zu spät sein. Denn wenn sich die invasiven Pflanzen einmal etabliert
haben, bringt man sie kaum mehr weg: «Einmal Goldruten, immer Goldruten», bringt
es Matthias Müller vom Pflanzenschutzdienst des Kantons auf den Punkt. Mit
blossem Ausreissen kann man den Pflanzen längst nicht mehr beikommen.
Rechtliche Fragen einmal
klären
Gewiefte Überlebens- und
Fortpflanzungsstrategien sichern den Fortbestand auf Jahrzehnte, sei es mit bis
zu 19'000 Samen pro Stängel, sei es durch Wurzeln, die tief in die Erde wachsen,
oder sei es durch Wurzelableger, die noch als kleinster Überrest wieder
ausschlagen können. Die Behörden bemühen sich zwar, die Bevölkerung zu
sensibilisieren, sie kreieren Merkblätter und geben Empfehlungen ab. Das alles
kommt aber reichlich unkoordiniert daher. Matthias Müller wünscht sich deshalb
von den Politikern eine klare Strategie. Die Pflanzenbekämpfung könne nicht
jeder Kanton für sich allein machen: «Es wäre am Bund, hier die Führung zu
übernehmen.» Auch innerhalb des eigenen Kantons soll die Zusammenarbeit
verbessert werden. Ein entsprechendes Papier wird von den Experten der
kantonalen Fachstelle Pflanzenschutz vorbereitet und soll in naher Zukunft dem
Regierungsrat unterbreitet werden. Mehr als ein halbes Dutzend Abteilungen - vom
Tiefbauamt bis zum kantonalen Laboratorium - ist von der Ausbreitung der invasiven Pflanzen betroffen. Eine bessere Koordination tut deshalb dringend
Not. Es brauchte eine klare Kompetenz-Zuweisung, bei der geklärt wird, wer die
Federführung übernimmt. Wichtig ist laut Müller auch die Klärung der rechtlichen
und finanziellen Grundlagen. Sind Entschädigungen für das Beseitigen von
Pflanzen möglich? Kann jemand dazu gezwungen werden, invasive Pflanzen zu
beseitigen? Solange diese Fragen nicht beantwortet sind, können sich die
betroffenen Pflanzen ungehindert ausbreiten. Je schneller man reagiert, desto
eher lässt sich das Problem mit Prävention lösen.
(Aargauer Zeitung,
31.05.05)
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