Esther Sonja Schmid

Willkommen
Hier gibt's was auf die Augen
Die Natur in deinen Händen
Farbe bekennen
Schlagende Argumente
PowerPoint Präsentationen
Mediathek
Private Mediathek
Quer durchs Beet
Was Wäre Wenn
Schreib mal wieder...
Ein dickes Dankeschön!
 
 

Wischi-Waschi Made in USA

 
In Seattle abgesetzt: Al Gore in einer Szene aus «Eine unbequeme Wahrheit». (ZVG)

Klimadaten weichgespült
USA: Wie das Weisse Haus Klimaforscher zensuriert

Die US-Regierung soll Druck auf Wissenschafter ausgeübt und damit Daten zum Klimawandel manipuliert haben.

Als Rick Piltz das Manuskript nach der Korrektur zurückbekam, traute er seinen Augen kau. Der Bericht, eine Zusammenfassung der Forschungsaktivitäten der US-Regierung in Fragen des Klimawandels, las sich auf einmal wie ein Dokument des Zweifels. Statt die Klimaforschung müsse «mit Unsicherheiten arbeiten», stand da jetzt «mit schwerwiegenden und fundamentalen Unsicherheiten». An anderer Stelle hiess es ursprünglich: «Die Ursache für ökologische und biologische Veränderungen in einen Zusammenhang mit Klimaveränderungen zu bringen, ist schwierig.» Nun stand da «extrem schwierig».
Piltz protestierte gegen die Einmischung von oben, doch das Weisse Haus stellte sich vor den Mann, der die Wissenschaftsreports weichspülte. Also kündigte Piltz. Das war 2005, und die Empörung über die Zensurversuche der Regierung Bush hielten sich auffällig in Grenzen. Doch inzwischen hat sich das Klima in Washington grundlegend gewandelt; auch Leute wie Piltz haben wieder eine Stimme. Der seit Anfang des Jahres von den Demokraten beherrschte Kongress bat am Dienstag und Mittwoch die führenden Klimaforscher der USA zum Rapport auf den Capitol Hill. Was sie zu sagen hatten, warf auf die Regierung ein denkbar schlechtes Licht.

Worte, die auf dem Index standen
Die Erfahrungen, die Piltz machte, sind offensichtlich kein Einzelfall. Laut einer Erhebung der «Union of Concerned Scientists», einer parteiunabhängigen Gruppe, die versucht, die Wissenschaft vor politischer Einflussnahme zu schützen, müssen 46 Prozent der von ihnen befragten Forscher im Dienste der Regierung mit massiver Einflussnahme Washingtons leben. So seien sie gedrängt worden, Worte wie «globale Erwärmung» oder «weltweite Klimaveränderung» aus ihren Papieren zu streichen. Etwa genauso viele erlebten, dass Vorgesetzte ihre Texte entsprechend «redigierten».
Dass das Weisse Haus bislang so rigoros gegen Umweltwarner vorging, hängt auch mit seinen engen Verbindungen zur Ölindustrie zusammen. Die Familie Bush verdiente ihr Vermögen mit Ölgeschäften in Texas, Vizepräsident Dick Cheney war vor seinem Wiedereinzug ins Weisse Haus im Vorstand von Halliburton, einem der grössten Zulieferer der US-Ölindustrie.
Als Bush 2000 die Macht übernahm, umgab er sich mit vielen alten Freunden und Weggefährten. So machte er zum Beispiel Philip Cooney zum Bürochef des «White House Council on Environmental Quality», das für die Umweltpolitik der Regierung zuständig ist. Cooney, ein Anwalt mit einem Wirtschaftsdiplom, kam direkt von einer Öl-Lobby-Firma. Er war es auch, der Piltz' Bericht persönlich entschärfte. Inzwischen hat er seinen Job im Weissen Haus allerdings gekündigt - und arbeitet wieder für die Ölindustrie.
Gemessen an seinen öffentlichen Verlautbarungen, hat Bush im Laufe seiner Amtszeit seine Meinung zu einer drohenden Klimakatastrophe offensichtlich geändert. Während er zu Anfang stets darauf beharrte, dass es sich um eine ungesicherte wissenschaftliche Theorie handle und der Einfluss des Menschen nicht bewiesen sei, sagte er in seiner Rede an die Nation vergangene Woche, der Klimawandel sei «ein ernsthaftes Problem». Ob der Mann, der sich weigerte, das von seinem Vorgänger ausgehandelte Kyoto-Protokoll zu unterzeichnen, seinen Worten tatsächlich Taten folgen lässt, ist im Augenblick nicht absehbar. Die Demokraten im Kongress streiten sich derweil über ein gemeinsames Vorgehen. Die einen wollen den Austoss der Klimagase im Lande bis 2020 um 25 Prozent reduzieren, die anderen streben eine Verminderung um 65 Prozent bis 2050 an.

«Zeichen, das Jesus zurückkehrt»
Doch selbst wenn sie ein Gesetz zustande bringen, werde sie reichlich öffentliche Überzeugungsarbeit leisten müssen. Vor wenigen Tagen setzte eine öffentliche Schule im eigentlich liberalen Seattle den Film «An Inconvenient Truth» («Eine unbequeme Wahrheit») ab, in dem der ehemalige Vizepräsident Al Gore vor den folgen eines abrupten Klimawandels warnt. Eltern hatten protestiert, dass ihre Kinder einseitig informiert würden. Dabei zogen sie nicht das Phänomen selbst in Zweifel, wohl aber Ursache und Wirkung. Einer der Protestler, ein streng gläubiger wiedergeborener Christ, gab an, die Klimaveränderung habe nichts mit dem Menschen zu tun. Sie sei ein Zeichen, dass Jesus Christus zurückkehre und das Jüngste Gericht bevorstehe.
(Aargauer Zeitung, 01.02.2007 (Matthias B. Krause, New York))

weiter

Zurück zu 'Quer durchs Beet'