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Einmal Gletscher und zurück
Die Gletscher schmelzen dahin
Schweizer Alpen Die Fläche des
Eises nahm in 15 Jahren um einen Fünftel ab
Die Schweizer Gletscher
schmelzen stärker als erwartet: Die Fläche hat laut einem neuen Inventar der
Universität Zürich in 15 Jahren um rund einen Fünftel abgenommen.
Zwischen 1985 und 2000 verloren die Schweizer Gletscher 18 Prozent der
Fläche, alpenweit mit 22 Prozent sogar noch etwas mehr. Von 1973 bis 1985 war es
lediglich ein Prozent. Damit erreicht der Schwund bereits heute eine
Grössenordnung, die erst in 20 Jahren erwartet wurde, wie die Universität Zürich
am Montag mitteilte. Laut einer früheren Studie gingen Wissenschafter für das
Jahr 2025 von einer Abnahme um 30 Prozent aus. Verglichen mit dem Zeitraum 1850
bis 1973 hat sich der gemittelte Gletscherschwund zudem beschleunigt: Von 1973
bis 2000 hat sich die Abnahme verdreifacht, von 1985 bis 2000 versiebenfacht.
Die Abnahme sei 'ziemlich heftig', sagte Frank Paul vom Geografischen Institut
der Universität Zürich am Montag auf Anfrage. Paul hatte im Rahmen seiner
Dissertation das Gletscherinventar für die Schweiz erstellt. Der Schwund sei
unter anderem eine Reaktion auf die heissen 90er-Jahre und generell erhöhten
Temperaturen, sagte Paul weiter. In den Alpen habe die Temperatur zudem stärker
zugenommen als in der restlichen Schweiz: In den letzten 150 Jahren wurde eine
Zunahme um 0,6 Grad verzeichnet, in den Bergen waren es zwischen 1 und 1,5 Grad.
Vor allem die kleinen Gletscher leiden unter den höheren Temperaturen in den
Alpen: Zwar sind nur 18 Prozent kleine Gletscher, beim gesamten Gletscherschwund
machen sie aber 44 Prozent aus. Wie sich der Hitzesommer 2003 auf die Fläche der
Gletscher ausgewirkt hat, ist noch nicht ausgewertet. Laut Paul war er aber für
viele kleine Gletscher 'der Todesstoss'. Im Mittel hat die Eisdicke in diesem
einzigen Sommer um drei Meter abgenommen. Während der zehn letzten Jahren waren
es rund 60 Zentimeter, während den fünfzig Jahren zuvor 30 Zentimeter. Prognosen
wollte Paul keine geben: Dies sei sehr schwierig, man begebe sich damit aufs
Glatteis. Die Universität Zürich rechnet aber damit, dass sich der Eiszerfall
fortsetzt. Für Greenpeace sind die Ergebnisse ein 'schockierendes Alarmzeichen':
Die Schweizer Regierung müsse endlich Gegenmassnahmen gegen den Klimawandel im
eigenen Land beschliessen, teilte Greenpeace am Montag mit. Die Lösung könne nur
eine substanzielle CO2-Abgabe sein.
Beim Gletscherinventar wurden erstmals Daten des Satelliten Landsat mit modernen
Methoden automatisiert ausgewertet. Landsat überfliegt alle 16 Tage die gleiche
Region und zeichnet dabei einen Streifen von 185 Kilometer Breite mit 30 Metern
Bodenauflösung auf. Bisher mussten für die Erstellung der meisten
Gletscherinventare Luftbilder verwendet und von Hand ausgewertet werden. Dies
dauerte Jahre. Mit den neuen Methoden ist die Auswertung in wenigen Monaten
vorhanden. Die Arbeit im Rahmen einer Studie des Schweizerischen Nationalfonds
ist zudem auch eine Pilotstudie für ein internationales Projekt, weltweit ein
Gletscherinventar mithilfe von Satellitendaten zu erstellen.
(Aargauer Zeitung,
16.11.2004 (sda))
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